Red-Bull-Zoff: Kommt es zum Verstappen-Sensationswechsel?
Red-Bull-Teamchef Christian Horner (l) und Red-Bull-Miteigentümer Chalerm Yoovidhya sprechen mit Max Verstappen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Darko Bandic/AP/dpa)

Der giftige Machtkampf bei Red Bull Racing könnte dem Fahrermarkt der Formel 1 den nächsten erdrutschartigen Stoß versetzen. Nach dem Frontalangriff auf den Teamchef durch seinen Vater wird nun wild spekuliert, ob Max Verstappen nach dieser Saison womöglich zu Mercedes wechseln könnte.

Fehlt nur noch, dass dann auch Fernando Alonso mit ins Spiel einer weltmeisterlichen Rochade kommt – dann würden alle drei Champions, die in der Formel 1 momentan vertreten sind, 2025 bei neuen Teams fahren.

«Alles ist möglich», antwortete Mercedes-Teamchef Toto Wolff in Bahrain auf die Frage nach einem denkbaren Verstappen-Wechsel zu dem deutschen Werksrennstall. Alles ist möglich, gilt wohl generell in der Königsklasse des Motorsports.

Wie realistisch ist ein Wechsel von Verstappen zu Mercedes?

Fakt ist, dass Verstappen einen Vertrag hat bis Ende 2028. Welche Klauseln es darin gibt, das Team womöglich auch vorher verlassen zu können, ist nicht bekannt. Lewis Hamilton, dessen Platz bei Mercedes nach dieser Saison frei wird, macht von einer Option in seinem Kontrakt Gebrauch. Er wird im kommenden Jahr für Ferrari fahren, und sein Cockpit muss neu besetzt werden. Wenn ein Fahrer wie Verstappen verfügbar wäre, muss Mercedes darüber nachdenken. Alles andere wäre fahrlässig. 

Dass Wolff und Verstappen-Vater Jos am Wochenende in Bahrain im Fahrerlager miteinander plauderten, heizte die Gerüchte weiter an. «Immer mehr Indizien deuten darauf hin, dass es zu dem Sensationstransfer kommen könnte», schrieb sogar das Fachmagazin «auto, motor und sport». 

Warum könnte Verstappen ein Team verlassen wollen, mit dessen Auto die Titel in diesem Jahr und auch 2025 nicht unwahrscheinlich sind?

Weil eine weitere Zusammenarbeit bei einem Verbleib von Horner als Teamchef nur mit viel Fantasie vorstellbar ist. Die öffentlich formulierte Forderung von Vater Jos Verstappen, dass Horner den Posten räumen muss, weil das Team zu explodieren droht, war die bislang heftiges Eskalationsstufe eines offensichtlich seit Langem schwelenden Konflikts im Weltmeister-Team. 

Auch wenn Max Verstappen unter der Horner-Führung schon dreimal den Titel holte und zum derzeit überragenden Fahrer der Rennserie wurde, steht er erstens seinem Vater Jos sehr, sehr nahe. «Er hat mich schon in jungem Alter auf eine sehr professionelle Weise vorbereitet, damit ich für alle möglichen Szenarien bereit bin», sagte Max einmal über seinen Vater. Zu dessen 52. Geburtstag am Montag gratulierte er auch via Instagram: Ein Bild zeigt beide in Red-Bull-Rennkleidung. Zusammen stehen die Verstappens zweitens Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko nahe. Der 80-Jährige war ein enger Vertrauter des im Oktober 2022 gestorbenen Red-Bull-Gründers Dietrich Mateschitz. Horner soll versucht haben, Marko im vergangenen Jahr aus seinem Machtbereich zu drängen.  

Was steht für Red Bull auf dem Spiel?

Sehr viel. «Kein Team auf diesem Planeten würde auf die Dienste des Fahrers verzichten wollen, der sogar noch das unvergleichliche Auto des besten Designers in der Formel-1-Geschichte, Adrian Newey, vergoldet», schrieb die «Daily Mail» über Verstappen. Der erfolgreiche Rennstall ist praktisch das Prunkstück im Sportportfolio des österreichischen Getränkeunternehmens, das Oliver Mintzlaff als einer von drei Geschäftsführern nach dem Tod von Mateschitz verantwortet. Entscheidender Faktor in der Angelegenheit sind aber die Mehrheitsverhältnisse des Konzerns: 51 Prozent gehören der Familie des thailändischen Milliardärs Chalerm Yoovidhya – und der soll Horner-Fürsprecher sein.  

Die Angelegenheit um den Teamchef, dem eine Mitarbeiterin unangemessenes Verhalten vorgeworfen hat – die Beschwerde wurde nach einer externen Untersuchung durch einen unabhängigen Anwalt vom Mutterkonzern abgewiesen – überschattet ohnehin die sportlichen Erfolge derzeit. Würde Max Verstappen gehen, wäre dies eine große Niederlage für das Unternehmen, selbst wenn dann ein Fahrer wie Fernando Alonso zu Red Bull wechseln könnte. Der Vertrag des zweimaligen Champions bei Aston Martin läuft nach dieser Saison aus. 

Was passiert bis zum Rennen in Saudi-Arabien?

Bereits am Mittwoch – wegen des bevorstehenden Fastenmonats Ramadan ab Sonntag wurde in Dschidda das Programm auch um einen Tag vorgezogen – werden Fahrer und Teamchefs im Fahrerlager zu den Medienrunden und Pressekonferenzen erwartet. Keiner weiß, ob und was bis dahin geschehen könnte. Nur eines ist sicher: Ruhe kehrt nicht bei Red Bull Racing ein.    

Von Jens Marx, dpa