Von Nervosität wollte Mick Schumacher nach seinem lange erwarteten Formel-1-Debüt überhaupt nichts wissen.
«Es ist ein langjähriger Traum, der jetzt für mich in Erfüllung geht», sagte der 21-Jährige mit klarer Stimme. Kurz zuvor hatte der junge Rennfahrer im ersten Training zum Großen Preis von Abu Dhabi erstmals ganz offiziell das Auto seines neues Arbeitgebers Haas gesteuert. «Es ist sehr schön zu wissen, dass ich hier nächstes Jahr fahre», sagte Schumacher, der ab 2021 neuer Stammpilot des US-Rennstalls wird.
Vor dem letzten Saisonrennen durfte Schumacher schon mal erleben, was ihn künftig Woche für Woche erwartet. Zum Frühstück gab es im Hotel Bohnen und Omelette, dann ging es um kurz nach 13 Uhr Ortszeit auf die Strecke. «Ich habe mich nur auf den Tag gefreut», sagte der Sohn von Formel-1-Rekordchampion Michael Schumacher. Schlecht geschlafen habe er nicht, zu akribisch hatte er sich auf alles das vorbereitet, was nun ansteht. Und für diese Einstellung gab es viel Lob.
«Das erste Mal im Formel-1-Auto ist schwer, aber er hat einen super Job gemacht», sagte Teamchef Günther Steiner. Schumacher habe genau das umgesetzt, was man von ihm verlangt habe. «Er ist sehr ruhig und sehr professionell. Die Ingenieure können mit ihm über alles reden», sagte Steiner, der seinen neuen Piloten fast schon bremsen muss. Schumacher will alles aufsaugen und begegnet jedem offen. «Ich kann jetzt ich sein», sagte Schumacher, der in der Schweiz wohnen bleibt, und formulierte seine Ziele: «Ich möchte mich als Fahrer entwickeln. Ich möchte erreichen, dass wir hier eine kleine Familie sind.»
Es sind Worte, die an seinen Vater erinnern. Auch Schumacher junior will am liebsten jeden mitreißen, damit alle gemeinsam hart für die Verwirklichung ihrer Träume kämpfen. Für die Hinterbänkler von Haas soll es unbedingt nach vorne gehen. Erst vor einer Woche wurde Schumacher verpflichtet – und sorgt bereits für Aufbruchsstimmung. Natürlich weiß der Youngster auch, dass er in dem Auto sicher keine Wunder vollbringen kann. «Man sollte die Erwartungen realistisch halten», sagte er. Auf Dauer nur in der Formel 1 mitzufahren, ist aber ganz sicher gar nichts für den jungen Mann mit dem großen Namen.
Dass ein Schumacher plötzlich wieder neben Sebastian Vettel oder Lewis Hamilton auf den Ergebnistafeln steht, lässt niemanden kalt. Platz 18 belegte der Debütant zunächst, in 1:41,235 Minuten lag er in den Vereinigten Arabischen Emiraten 3,857 Sekunden hinter dem Schnellsten Max Verstappen im Red Bull. Schumacher absolvierte ohne Zwischenfälle insgesamt 23 Runden. «Es war spannend mit allen auf der Strecke zu sein», sagte er. Künftig geht er mit der Nummer 47 an den Start, bei der Premiere stand noch die 50 auf seinem Boliden.
Formel-2-Champion Schumacher fuhr das Auto des aktuellen Stammfahrers Kevin Magnussen. Er sollte Daten sammeln, die Abläufe kennenlernen und verschiedene Aufgaben abarbeiten. Um Rundenzeiten ging es dabei noch nicht. Der Däne Magnussen absolvierte dann planmäßig den Rest des Wochenendes, während Schumacher ein letztes Mal in die Rolle des Beobachters schlüpfte. «Mir wird sicher nicht so schnell langweilig», sagte er und machte auch Unterschiede zu seinem bisherigen Fahrzeug aus: «Es ist jetzt natürlich schon um einiges schneller.»
Eigentlich hätte Schumacher schon auf dem Nürburgring für Alfa Romeo ein offizielles Training absolvieren soll, doch zu schlechtes Wetter verhinderte das im Oktober. Solche Probleme gab es bei Sonnenschein rund um den Jachthafen in Abu Dhabi nicht. Schumacher wird dort am Dienstag letztmals in diesem Jahr ins Cockpit steigen.
Dann steht der Test für junge Fahrer an. Dabei gehe es darum «besser zu werden, die Technik zu verstehen», sagte Steiner: «Man muss jede Runde nutzen, um zu lernen.» Der Italiener hat keine Zweifel, dass Schumacher dazu bereit ist. Auch ein Besuch in der Team-Fabrik in England ist vorgesehen, wegen der Corona-Krise aber nicht so leicht umsetzbar. «Wir müssen das alles noch planen», sagte Steiner bei Sky.