Lewis Hamilton ist wieder rangekommen. Der siebenmalige Formel-1-Weltmeister liegt nach seinem Erfolg beim Grand Prix von São Paulo nur noch 14 Punkte hinter WM-Spitzenreiter Max Verstappen. In der Wüste fällt nun die Entscheidung.
Hamilton schüttelt alle Widrigkeiten ab
Das Lob kam vom Boss. «Das war sicher eine der besten Vorstellungen, die ich von ihm je gesehen habe», schwärmte Mercedes-Teamchef Toto Wolff nach Lewis Hamiltons sechstem Saisonsieg. Der 36-Jährige hatte an diesem Wochenende wegen eines regelwidrigen Motorentauschs eine Fünf-Plätze-Strafversetzung erhalten. Wegen eines irregulären Heckflügels wurde er in der Startplatzjagd disqualifiziert und musste im Sprint ganz hinten ran.
Von Position zehn schnappte sich Hamilton vor Verstappen aber diesen so wichtigen Grand-Prix-Sieg. «Ich habe alles gegeben. Es war definitiv eines der besten Wochenenden, wenn nicht sogar das beste Wochenende, das ich in meiner gesamten Karriere erlebt habe», meinte der siebenmalige Weltmeister. Mit dem neuen leistungsstarken Motor und seiner fahrerischen Exzellenz ist in den letzten drei Saisonrennen noch der Rekordtitel drin.
Verstappen muss cool bleiben
Max Verstappen lag eigentlich auf Kurs dritter Grand-Prix-Sieg nacheinander. Ein wie entfesselt fahrender Lewis Hamilton fing ihn aber noch ab. Seine WM-Führung ist geschrumpft. Katar, Saudi-Arabien und Abu Dhabi bieten Red Bull keine so deutlichen Vorteile wie es zuletzt eigentlich Mexiko und Brasilien wegen der Höhenlage getan haben. «Wir haben immer noch eine gute Führung», betonte Verstappen, der seinen ersten WM-Titel gewinnen will. «Wir haben Schadensbegrenzung betrieben. Ich bin zuversichtlich, dass wir in den kommenden Rennen zurückschlagen können.»
Der neue Mercedes-Motor bringt die Red-Bull-Führung aber ordentlich ins Grübeln. «So einen Motor haben wir von Mercedes, so weit ich mich erinnern kann, in den letzten Jahr noch nicht gesehen, unglaublich», befand Motorsportberater Helmut Marko. «Mercedes ist ein Meisterwerk gelungen, so eine Rakete in dieser entscheidenden Phase herbeizuzaubern.» Red Bull selbst könne den Leistungsrückstand über einen neuen Honda-Motor nicht ausgleichen.
Die Nerven an den Kommandoständen liegen blank
Red-Bull-Teamchef Christian Horner stichelt gerne in Richtung Toto Wolff von Mercedes. «Wir lieben den Wettbewerb, und je mehr sich Toto aufregt, desto mehr Spaß macht es», hatte der Engländer vor Kurzem eingeräumt. In den WM-Zweikampf haben sich längst auch die Kommandostände eingeschaltet, um Verunsicherung beim Rivalen zu schüren. Im Sommer hatten sich Red Bull und Mercedes schon einen intensiven Designstreit um die Legalität von Flügeln geliefert – in Brasilien ging der Disput munter weiter.
Die Strafe in São Paulo für Hamilton wegen eines irregulären Heckflügels wurde von Red Bull eingeleitet, denen aufgefallen war, dass sich das Bauteil am Silberpfeil zu stark verbiegt. Wolff empfand die Disqualifikation in der Startplatzjagd als überzogen. Mercedes selbst werde von nun an jedes Klebeband am Auto infrage stellen. «Wir mussten an diesem Wochenende viele Schläge ins Gesicht einstecken», sagte der Österreicher. «Die Diplomatie hat geendet.»