Als der Applaus noch mal lauter wurde und sich die geladenen Gäste von ihren Stühlen erhoben, konnte Corinna Schumacher die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Von einer Leinwand über dem Podium schaute ihr Mann Michael, ein Foto des siebenmaligen Formel-1-Weltmeisters, im Cockpit, mit dem Helm auf dem Kopf, das Visier nach oben. Auf einer Höhe mit einigen seiner legendären Formel-1-Rennwagen, vor allem denen in Ferrari-Rot. Erinnerungen an die Vergangenheit, überall.
«Er fehlt uns hier»
«Natürlich würden wir uns alle wünschen, dass er seine Auszeichnung persönlich entgegen nehmen könnte. Er fehlt uns hier, und er fehlt nicht nur an Tagen wie heute», sagte Jean Todt, Laudator, aber vor allem guter Freund des einst so erfolgreichen Piloten. Todt war es auch, der mit auf der Bühne stand, als Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst am Mittwoch in Köln in der Motorworld den Staatspreis für Schumacher an dessen Frau Corinna und Tochter Gina überreichte.
Applaus, langer Applaus folgte. Die ersten standen auf und klatschten weiter, dann erhoben sich alle. Es war der Moment, der fast kommen musste an einem Ort, der auch nur wenige Kilometer von Michael Schumachers früherer Heimat Kerpen entfernt ist. An einem Ort, in dem Rennwagen, Helme oder Karts einer Dauerausstellung der privaten Kollektion Schumachers von der ruhmreichen Zeit des Rekordweltmeisters zeugen.
Emotionale Verleihung
Es war der Moment, in dem Corinna Schumacher die Emotionen überkamen. In ihrem weinroten Hosenanzug wandte sie sich kurz zu Tochter Gina, auch Familien-Freund Todt stand ihr zur Seite. Unter weiter anhaltendem Beifall verließen sie die Bühne, auch auf ihrem Platz in der ersten Reihen wirkte Corinna noch immer sehr ergriffen. Danach erklang Frank Sinatras «My Way». «Ich hoffe, wir alle hoffen, dass der große Kämpfer Michael Schumacher weiterkämpft, niemals aufgibt, dass er vorankommt auf dem so schweren Weg, auf dem er sich befindet», hatte Ministerpräsident Wüst zuvor in seiner Rede betont.
Schumacher konnte auch diese Ehrung, die höchste Auszeichnung des Landes NRW nicht selbst entgegennehmen. Seit Ende 2013 ist das so. Seit dem Skiunfall in den französischen Alpen, bei dem Schumacher ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte. Tagelang hatte er ums Überleben gekämpft, wochenlang in einem künstlichen Koma gelegen. Aus der Öffentlichkeit ist Schumacher seitdem verschwunden.
Sohn Mick fehlte in der Motorworld kurzfristig auch. Der 23-Jährige fühlte sich am Morgen nicht so gut, der Magen machte Probleme, er stieg erst gar nicht mit den Flieger von der Schweizer Wahlheimat am Genfer See. Am Wochenende muss er im Haas-Rennwagen wieder fit sein für den Großen Preis von Frankreich – Vater Michael gewann den Grand Prix in seiner Karriere allein achtmal.
Doch Schumachers Erfolge in der Motorsport-Königsklasse – 91 Rennsiege, sieben WM-Titel, 68 Pole Positionen – sind das eine. Die Ehrung seines Heimatbundeslandes bekam Schumacher auch für das, was er und seine Familie gesellschaftlich leisten. Meist eher im Stillen, im Verborgenen.
Todt würdigt Menschen Schumacher
Die 10-Millionen-Dollar-Spende nach dem Tsunami 2004 war bekannt, Schumacher spendete aber auch bei Hochwasserkatastrophen an der Elbe 2002 und 2013, die Familie zuletzt beim verheerenden Hochwasser im vergangenen Jahr in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Schumacher leistete auch einen Beitrag für den Aufbau eines großen Zentrums für Hirn- und Rückenmarksgeschädigte in Paris.
«Michael Schumacher hat in all den Jahren viel Gutes für andere getan», betonte Wüst, der bei den Rennen des gebürtigen Rheinländers in den frühen 90er-Jahren mit Familie oder Freunden und Bierchen einst mitgefiebert hatte, wie er vor der Verleihung gut gelaunt erzählte. «Schon früh hat Michael begonnen, bei all seinen Erfolgen auch an andere zu denken. Das fing in der eigenen Familie an – sein Preisgeld vom Formel-3-Sieg in Macao, 20.000 Dollar, packte er seinem Vater auf den Esstisch», erzählte Todt und lobte auch Schumachers Familie und dessen Frau Corinna. Sie sei eine der stärksten Frauen, die er kenne, sagte Todt. Die Emotionen, als sich die geladen Gäste von ihren Plätze zu Ehren ihre Mannes applaudierend erhoben, waren an diesem Tag aber noch stärker.