Fast schon innig spazierte Lewis Hamilton an der Seite von Sebastian Vettel durch das Formel-1-Fahrerlager in Imola. Eine Unterhaltung unter Kumpels. Ein Plausch unter Weltmeistern – amtierend und ehemalig. Es herrscht Vertrautheit. Mit Max Verstappen ist das ein wenig anders.
Er habe nicht «denselben Hintergrund wie Seb», bemerkte Mercedes-Pilot Hamilton, als es um das Thema WM-Rivalitäten ging. «Max hat aber die Chance, in Zukunft Weltmeister zu werden. Ob das früher oder später zutrifft, liegt an dem Job, den das Team und ich machen.»
Hier der siebenmalige Champion Hamilton (36), der in dieser Saison sogar vor Ikone Michael Schumacher zum alleinigen Rekordweltmeister werden kann. Dort Verstappen (23), der ungeduldige Aspirant, der sich nichts sehnlicher wünscht als diese WM-Krönung.
Und irgendwie dazwischen oder dahinter steht Vettel (33) wie eine verblassende Erinnerung an die WM-Duelle von Hamilton mit dem früheren Ferrari-Piloten. «Obwohl es eine schwierige Zeit für uns war, hat sie uns wahrscheinlich auch einander nähergebracht», sinnierte Hamilton vor dem Europa-Auftakt der Formel 1. «Denn der Respekt, den wir voreinander haben, ist riesig.»
Achtung hat Hamilton natürlich auch vor Verstappen. Red Bull hat dem Niederländer augenscheinlich endlich einen Rennwagen konstruiert, der von Saisonbeginn an das Potenzial zum Siegen hat. In den vergangenen Jahren war das nicht so – und das nervte Verstappen gewaltig. Gefrustet war er auch nach dem ersten Trainingstag in Imola, als er wegen eines Defekts nicht über Rang 14 hinauskam. Hamilton auf Platz zwei und Mercedes zeigten sich dagegen wiedererstarkt.
Der Auftakt vor drei Wochen in Bahrain war das erste Signal, dass Hamilton vs. Verstappen das WM-Duell dieser Saison sein könnte. «Red Bull ist wirklich mit einem großartigen Paket gestartet, und Max ist wirklich gut gefahren», befand der Engländer vor dem zweiten Grand Prix des Jahres am Sonntag, dem 18. April (15.00 Uhr/Sky und RTL) in Italien. «Die Voraussetzungen für eine gute Saison sind gegeben.»
Die Formel 1 lechzt nach einem packenden WM-Fight. Vettel spielt in solch einem Szenario keine Rolle mehr. 2017 und 2018 hatte er mit Ferrari die Chance zum Titelgewinn, packte es gegen Hamilton aber nicht. Nach sechs Jahren musste der Hesse die Scuderia dann verlassen und fährt nun erstmal mit Aston Martin hinterher.
Verstappen scheint nun an der Reihe zu sein, Hamilton nach vier WM-Titeln nacheinander stürzen zu können. Dieser vom Ehrgeiz und dem eigenen Vater Jos getriebene Hochbegabte, der schon mit 17 Jahren in der Königsklasse des Motorsports debütierte. In Bahrain musste er sich trotz Tempovorteilen der Mercedes-Strategie und dem meisterhaft fahrenden Formel-1-Aushängeschild Hamilton geschlagen geben. «Wir müssen sicherstellen, dass wir uns weiter verbessern und immer wieder neue Teile ans Auto bringen, um es schneller zu machen», verkündete Verstappen vor dem Großen Preis der Emilia Romagna.
Hamilton hat seit seinem Formel-1-Einstieg 2007 viel Erfahrung mit WM-Widersachern gewinnen können. Ob sie nun Fernando Alonso, Sebastian Vettel, Nico Rosberg oder auch Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas hießen. «Ich möchte einfach mit den besten Fahrern kämpfen und es so eng wie möglich haben», meinte Hamilton.
Und für seinen besonderen Kumpel Vettel hatte der 96-malige Grand-Prix-Gewinner sogar noch ein kleines Kompliment parat, als er nach seiner liebsten Formel-1-Rivalität gefragt wurde. «Ich habe ein wirklich schlechtes Gedächtnis, aber ich sage mal, dass Sebs und meine Zweikämpfe bis jetzt meine Lieblingszweikämpfe sind», meinte Hamilton. «Bis jetzt.»