Vor der Rückkehr an die Formel-1-Pilgerstätte Imola suchte Sebastian Vettel Ablenkung bei einem neuen Umweltprojekt.
Der viermalige Weltmeister konnte bei einer Initiative zur Schaffung von Lebensraum für Bienen etwas für sein grünes Gewissen tun und sich dabei die nötige Zerstreuung nach seinem Startdebakel mit Aston Martin in der Wüste von Bahrain verschaffen. Die üppigen drei Wochen Pause vor dem Großen Preis der Emilia Romagna an diesem Sonntag (15.00 Uhr/Sky und RTL) hat Vettel gebraucht – und genutzt. Natürlich nicht nur für das Thema Umweltschutz, das dem in der Schweiz lebenden Hobby-Bauern so wichtig ist.
«Es war gut, dass wir zwischen den ersten beiden Rennen etwas mehr Zeit hatten. Der diesjährige Kalender wird nicht immer so nachsichtig sein», befand der 33-Jährige mit Blick auf das trotz Corona-Krise geplante Rekordpensum von 23 Grand Prix. Die Unterbrechung habe dem Team «eine zusätzliche Gelegenheit» gegeben, «die Daten anzuschauen und zu verstehen, wo wir den AMR21 verbessern müssen».
Der AMR21 ist die technische Bezeichnung für Vettels ersten Dienstwagen bei seinem neuen Team. Nach der obligatorischen Taufe durch den Hessen hört das britische Auto auch auf den Namen «Honey Ryder», so wiederum hieß das erste Bond-Girl aus dem Geheimagenten-Klassiker «James Bond – 007 jagt Dr. No».
Vettels «Honey Ryder» bereitet ihm aber von Beginn an Sorgen. Während der kurzen Testfahrten in Bahrain absolvierte er gerade einmal 117 Runden – nur der israelische Williams-Entwicklungsfahrer Roy Nissany schaffte weniger. Beim Grand-Prix-Auftakt in Sakhir missachtete Vettel dann Gelbe Flaggen und wurde fünf Startplätze strafversetzt. Im Rennen folgte dann eine erfolglose Risiko-Taktik, ein Auffahrunfall mit Alpine-Pilot Esteban Ocon und schließlich eine Zehn-Sekunden-Strafe.
«Wir haben eine Menge, das wir verbessern können», sagte Vettel nach seiner Zieldurchfahrt als 15. und musste sich danach in die Auswertung von Daten mit seinen Ingenieuren stürzen.
Nach sechs Jahren bei Ferrari fühlt sich dieser Neuanfang Vettels schon irgendwie bleischwer an. «Das Auto, das er jetzt fährt, ist völlig anders als das, das er vorher gefahren ist», sagte Teamchef Otmar Szafnauer aber nach dem Alptraum-Auftakt seines Star-Fahrers gelassen. «Ich bin immer noch zuversichtlich, dass wir Seb dorthin bringen werden, wo wir ihn haben wollen.»
Es ist ja auch erst ein Grand Prix ausgetragen. Vettel hat an Imola, wo am 1. Mai 1994 die brasilianische Formel-1-Ikone Ayrton Senna in der Vollgaskurve Tamburello im Williams ihr Leben verlor, sportlich nicht die besten Erinnerungen. Als die Königsklasse des Motorsports sich im vergangenen Herbst nach 14 Jahren Abwesenheit wieder den Erinnerungen an damals stellte, wurde Vettel nur Zwölfter. Es war die nächste Enttäuschung für den Hessen, nachdem die Ferrari-Crew bei seinem Reifenwechsel schwer gepatzt hatte.
Vettel blickt dem Trip in die Emilia Romagna aber zuversichtlich entgegen. «Es ist eine Strecke, auf der man richtig angreifen kann, deshalb freue ich mich darauf», verkündete er. Die Strecke hat mit den unterschiedlichen Kurventypen ihren ganz eigenen Fluss. Da sie aber relativ schmal ist, wird das Überholen erschwert.
«Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir den alten Sebastian wiedersehen», hatte Szafnauer unlängst gesagt und damit jenen Sebastian gemeint, der mit Red Bull zwischen 2010 und 2013 alle WM-Titel abgeräumt hatte. Vettel wolle es schließlich bei Aston Martin in erster Linie «sich selbst noch mal beweisen». In Imola will er nun so richtig damit loslegen.