Unter den funkelnden Palmen im Formel-1-Fahrerlager kostete Charles Leclerc die Rückkehr von Ferrari in den Kreis der Titelkandidaten aus.
Nach dem «Alptraum» für Max Verstappen und Red Bull in Bahrain freute sich der Monegasse schon auf die nächsten harten Zweikämpfe mit dem Weltmeister.
Er sei schließlich «auch ein aggressiver Fahrer in der Art, wie ich mit anderen kämpfe», betonte Leclerc bei der Scuderia-Medienrunde nach dem Saisonauftakt. Da nahm er dicht gedrängt neben Teamchef Mattia Binotto und Teamkollege Carlos Sainz auf einem schwarzen Sofa Platz. Vom zarten Glamour, den die mit Lichterketten behangenen Palmen verströmten, war kaum etwas geblieben.
«Das lange Leiden der Scuderia hat ein Ende»
«Das lange Leiden der Scuderia hat ein Ende», konstatierte der Schweizer «Blick» nach einem am Ende spektakulären ersten Grand Prix. Nach 910 Tagen stand in Leclerc vor Sainz wieder ein Ferrari-Fahrer ganz oben auf dem Podium. Erstmals seit 2018 noch mit Sebastian Vettel wirkt die Scuderia auch bereit für die WM. «Wir werden um den Titel kämpfen, ganz sicher», versprach Leclerc.
Soweit wollte Binotto noch nicht gehen. Der Ausfall von Verstappen und Teamkollege Sergio Perez hatte im ersten Rennen der Regelreform schließlich das Ferrari-Bravourstück auch begünstigt. «Wir sollten nicht vergessen, dass einer davon der Weltmeister war. Sie sind immer noch die Favoriten», befand Binotto. Man müsse «mindestens vier oder fünf Rennen abwarten», um über WM-Tauglichkeit reden zu können. «Da steckt aber noch mehr Potenzial im Auto.»
Ferrari hat mit dem F1-75 aber einen schnellen Wagen gebaut, der Motor dürfte sogar der leistungsstärkste im Feld sein. Und außerdem – so der Stand nach einem von aktuell 22 Rennen – ist die «Rote Göttin» offensichtlich keine Zicke, sie ist zuverlässig. «Ohne Zweifel», sagte Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali, «ist es für jeden gut zu sehen, dass Ferrari wieder so wettbewerbsfähig ist».
An dieser Aussage sind Zweifel angebracht. Red Bull hat an diesem Szenario kein wirkliches Interesse. Die Spitzengeschwindigkeit von Ferrari konnten Verstappen und Perez nicht mitgehen, dann fielen sie auf Podestkurs liegend auch noch auf den letzten Kilometern aus. Lewis Hamilton und George Russell im Mercedes schoben sich dadurch noch auf Platz drei und vier.
«Brutales Rennen» für Red Bull
«Es war ein brutales Rennen für uns», räumte Red-Bull-Teamchef Christian Horner ein. Es sei der «schlimmste Alptraum» gewesen. Punkte lassen sich wettmachen, dafür braucht man jedoch ein zuverlässiges Auto. So klagte Verstappen während des Rennens gleich mal über Brems-, Steuer- und schließlich Benzinprobleme. «Wir wissen, dass wir ein gutes Auto haben», beteuerte Horner, «wir müssen einfach die Zuverlässigkeitsprobleme in den Griff kriegen».
Verstappen und Perez ging der Sprit aus, nachdem kein Benzin mehr vom Tank zum Motor gepumpt wurde. In der Red-Bull-Garage herrschte Ratlosigkeit. «Wir verstehen nicht ganz, wie das passieren konnte», räumte Verstappen ein. «Wir haben eine Menge zu analysieren. Und natürlich kann man sagen, dass Probleme vorkommen können, auf diesem Niveau sollten sie das aber nicht.»
Die neuen Aerodynamikregeln haben schon mal dafür gesorgt, dass etwa Leclerc und Verstappen ganz nah aneinander dranbleiben und sich über viele Runden bekämpfen könnten. In der Vergangenheit verhinderten das Luftverwirbelungen am Heck des Vordermanns, die Reifen verloren schnell an Substanz. Die nächsten Zweikämpfe kommen also bestimmt. Nächste Ausfahrt am Sonntag: Saudi-Arabien.