Sie ist vorbei, die Langeweile der vergangenen Jahre. Endlich vergessen ist die vergebliche Hoffnung, dass wie einst Nico Rosberg wenigstens Teamkollege Valtteri Bottas den schier übermächtigen Sir Lewis Hamilton stoppen kann. Die Gegenwart ist auch ein Duell der Zukunft.
Ein Titelkampf des großen Dominators der vergangenen Jahren mit dem 13 Jahre jüngeren und auf Sieg getrimmten Max Verstappen mit allem, was dazugehört. Psychospielchen und viel Tamtam, knallharte Rad-an-Rad-Duelle, die auch über die Grenzen gehen. «Der Kampf zwischen Hamilton und Verstappen ist persönlich geworden und der Gewinner ist die Formel 1», befand der «Guardian».
«Beide fahren kompromisslos, aber beide sind auch hochtalentierte Piloten mit großer Erfahrung», betont Red-Bull-Teamchef Christian Horner: «Die Realität ist, dass Hamilton auf einen gestoßen ist, der mit ihm mithalten kann und nun in einem konkurrenzfähigen Auto sitzt.» Verstappen, 23 Jahre alt, für nicht wenige der Titelsammler der Zukunft, gegen Hamilton, 36 Jahre alt, siebenmaliger Weltmeister, der in den vergangenen sieben Jahren nur einmal im WM-Kampf geschlagen wurde.
Wolff gerät ins verbale Feuerwerk
Und so wie 2016, als Rosberg den Briten bezwang und zwischen den beiden alles andere als Weltmeister-Harmonie herrschte, ist es nun auch – nur heftiger. Während die Mercedes-Bosse damals als interne Schlichter gefragt und gefordert waren, gerät Teamchef Toto Wolff nun selbst ebenfalls in das verbale Feuerwerk der Red-Bull-Verantwortlichen.
Von dessen Besuch bei den Rennkommissaren während des Silverstone-Rennens bis zum Jubel über Hamiltons Sieg. Horner und Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko heizen das ohnehin schon kochende WM-Duell weiter an. Getreu dem Motto: Unruhe schadet dem Titelverteidiger und treibt den Herausforderer nur noch mehr an.
Ob der Plan aufgeht, ob sie mit einer Neubetrachtung des Silverstone-Crashs und der Hoffnung auf eine nachträgliche und härtere Strafe gegen Hamilton Erfolg haben, wird sich zeigen. Ex-Weltmeister Damon Hill, einst Mitdarsteller im Knallhart-Kampf mit Michael Schumacher sprach jüngst aber mit Blick auf die WM-Rivalen schon von einer «volatilen Landmine».
Fans lieben die Duelle
Die Formel 1 kennt derartige (Hass-)Duelle. Und die Formel 1 sowie ihre Fans lieben sie, erst recht wenn zwei derartige Hauptdarsteller aufeinandertreffen. Hamilton, der Rekordbrecher und Grenzenverschieber, der am Sonntag beim Großen Preis von Ungarn seinen 100. Grand-Prix-Sieg feiern kann. Der Dauer-Triumphator und Herrscher der vergangenen Jahre gegen den seinerzeit schon bei seinem Einstieg mit gerade mal 17 Jahren als kommender Champion gehandelten Verstappen.
Typen in Rennwagen. So wie einst James Hunt, der Lebemann und Niki Lauda, der Perfektionist. So wie Ayrton Senna, der impulsive Liebling aller und Höchstbegabte aus Brasilien und Alain Prost, der französische Professor. So wie einst Michael Schumacher und Damon Hill, ein Kampf, der vor allem auf der Insel zum Duell der Nationen wurde. Oder später dann Schumacher und Jacques Villeneuve.
Oder auch Sebastian Vettels Stallkampf mit Mark Webber. Der Junge und der Routinierte. Und Vettel, der Bub aus Heppenheim, schlug den Australier. Rad an Rad. Auch mal über die Grenzen des Erlaubten hinaus. So wie es jetzt auch wieder passiert, so wie es in Silverstone zuletzt zwischen Red Bulls jetzigem Starfahrer Verstappen und Silberpfeil-Gigant Hamilton krachte. «Es ist brillant», kommentierte Webber das aktuelle Duell: «Es ist genau das, was wir sehen wollen. Gebt uns mehr davon.»