Die Glückwünsche in der Fürstenloge nahm Max Verstappen fast schon schüchtern entgegen. Bei der Party im proppenvollen Jachthafen von Monaco dürfte der Dominator der Formel 1 etwas mehr aus sich herausgegangen sein.
Nach einem Wochenende, an dem der 25-Jährige die Red-Bull-Siegrekordmarke von Sebastian Vettel überbot, stellt sich vorerst und vor allem eine Frage: Wie lang und wie weit kann seine Ära reichen?
«Verstappen gibt ein deutliches Signal an (Teamkollege Sergio) Pérez, (Fernando) Alonso und den Rest: Red Bull und Max dominieren jedes Rennen», schrieb das «Algemeen Dagblad» aus Verstappens Heimat Niederlande. «Und am Ende, da gewinnt Max Verstappen», titelte «Monaco Matin» aus Verstappens Wahlheimat an der Côte d’Azur.
«Selbst mit einem großartigen Ergebnis musst du dich hinter ihnen anstellen, in jedem Rennen», sagte Alonso. Der 41 Jahre alte Weltmeister von 2005 und 2006, der das Monaco-Rennen 2006 und 2007 gewann, musste sich Verstappen in der Qualifikation und im Rennen als Zweiter geschlagen geben. Seine einzige Hoffnung für die kommenden Aufgaben: Auch Verstappen fällt mal aus.
Selbst auf dem rutschigen Asphalt manövrierte Verstappen aber seinen RB19, dem eigentlich eine Schwäche für so enge Kurse prophezeit worden war, zum Sieg. Dass er dabei ein bisschen Bande spielte, passte zu seiner famosen Wochenend-Leistung beim Klassiker im Fürstentum. Nach dem Herzschlag-Finale in einer mitreißen Quali, in der er 84 Tausendstelsekunden schneller war als Alonso, kam er im Rennen, das erst unterhaltsam wurde, als der Regen einsetzte, 27,921 Sekunden vor dem Altmeister ins Ziel. «Max war unter allen Bedingungen – trocken, halbtrocken, extrem Wasser – immer Herr der Lage, hat das Tempo souverän kontrolliert. Eine unglaubliche Leistung», lobte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko beim Sender Sky.
39 Grand-Prix-Siege: Verstappen überholt Vettel
Mit dem 39. Sieg für Red Bull überholte Verstappen Sebastian Vettels 38 Grand-Prix-Erfolge für das Team aus Österreich. Dass er in diesem Jahr die nächste bedeutsame Karriere-Marke knackt, steht außer Frage: 41 Rennen gewann die brasilianische Formel-1-Ikone Ayrton Senna. Bereits am kommenden Sonntag auf dem Kurs bei Barcelona, der dem Red Bull perfekt liegen sollte, kann der zweimalige Weltmeister Verstappen bis auf einen Sieg ran kommen an den dreimaligen Weltmeister. Dass der Niederländer nun auch mit 39 Punkten im Klassement vor seinem mexikanischen Rivalen Pérez führt, gehört zu den netten Zahlenspielen.
«Wenn du ein gutes Auto eine Zeit lang hast, kannst du diese Rekorde brechen», betonte Verstappen: «Es ist großartig. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal in so einer Position in meiner Karriere sein würde.» Seit 2015 startet er schon in der Formel 1, in Monaco durchbrach er auch die Marke von 2000 Führungsrunden.
In Spanien steht nun seine 170. Grand-Prix-Teilnahme an. Dort übrigens, wo er 2016 zum ersten Mal in der Königsklasse des Motorsports gewann. Aus dem lange Zeit ungestümen und wilden Verstappen wurde spätestens mit der Titelpremiere 2021 ein deutlich kontrollierterer Pilot. «Es sieht so aus, dass Max Verstappen wenig von seinem schier unaufhaltsamen Marsch zum dritten Formel-1-Titel ablenken kann», schrieb der britische «Guardian» bereits. Früher kämpfte Verstappen gegen seine Konkurrenten, heute beherrscht er sie.
In allen Saisons, an die er sich so zurückerinnere in den 2000er und 2010er Jahren, hätte er die WM angeführt mit Leistungen wie in diesem Jahr, meinte Alonso. «Aber jetzt gibt es Red Bull. Und Max dominiert jedes Rennen.» Vier Siege und zwei zweite Plätze in den ersten sechs Saisonrennen belegen Verstappens Hochform.