Die fette Premieren-Party in Miami stillt den Hunger der Formel-1-Bosse nach weiterer Expansion des Renngeschäfts nicht. Schon eher dürfte die flirrende Erfolgsshow in Süd-Florida die Macher der Rennserie in ihren Plänen bestärken, die Welttournee künftig weiter aufzublähen.
Mit dem jüngsten Boom der Formel 1 ist die Nachfrage nicht nur in Nordamerika stark gestiegen, längst spricht Geschäftsführer Stefano Domenicali von bis zu 30 Grand Prix pro Saison. Auch Hockenheim und der Nürburgring rechnen sich wieder Chancen aus.
Deutsche Hoffnungen
Die Hoffnungen der deutschen Streckenbetreiber sind neuerdings verknüpft mit den Bestrebungen von Porsche und Audi für einen Einstieg in die Königsklasse zur Saison 2026. «Ich glaube schon, dass dadurch der Druck auf die Formel 1 höher wird, dass wieder ein Rennen in Deutschland auf regulärer Basis stattfindet», sagte Jorn Teske, Geschäftsführer am Hockenheimring, der Deutschen Presse-Agentur.
VW-Chef Herbert Diess hatte gesagt, dass es im Zuge der Projekte der beiden Konzerntöchter auch Pläne für die Wiederbelebung des Großen Preises von Deutschland gebe. «Für alle Konstrukte, die Formel 1 an den Nürburgring zu holen, sind wir weiter offen», sagte Ring-Sprecher Alexander Gerhard der dpa. Spekuliert wurde zuletzt, dass Deutschland sich jährlich mit Frankreich abwechseln könnte. In Hockenheim und in der Eifel sind die Veranstalter zu so einer Lösung bereit, wenn sie denn keine roten Zahlen hinterlässt.
Den TV-Zuschauern ist egal wo gefahren wird
Eine derartige Rotation passt zum künftigen Kalender-Modell der Formel-1-Chefs, die damit mehr Gastgeber binden wollen. Im Verdrängungswettbewerb stehen vor allem die eher finanzschwachen Strecken im alten Kernmarkt Europa unter Druck. Auch berühmte Schauplätze des Sports wie Spa und sogar Monaco können sich ihres Stammplatzes nicht mehr sicher sein. Mit Macht modernisieren die US-Eigentümer Liberty Media das PS-Gewerbe hin zu einer Entertainment-Maschine amerikanischer Prägung.
«Die Wahrheit ist, dass es den meisten Fans, die die Formel 1 im TV oder bei den sozialen Netzen verfolgen, egal ist, wo wir fahren», bekannte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Zumal der Ausflug nach Miami auch ohne schillernde Historie auf Anhieb zum Renner wurde. Drei Tage ausverkauftes Haus trotz teils horrender Ticketpreise und ein Ansturm von Sponsoren und Promis wie der früheren First Lady Michelle Obama und Oscar-Preisträger Michael Douglas verzückten die Organisatoren. «Tradition heißt nicht, dass etwas garantiert ist», warnte Domenicali schon vorher alteingesessene Grand-Prix-Standorte.
Interessenten für einen Grand Prix stehen Schlange
Schließlich sei die Formel 1 eine Weltmeisterschaft. Daher sei das Ziel, dass «die strategischen Märkte, die entscheidend werden, ein Teil davon sind», sagte der Italiener. Im Visier hat Domenicali dabei auch den Fernen Osten und Südafrika. Langfristige Mega-Deals wie mit Katar, Saudi-Arabien, Bahrain und Abu Dhabi füllen die Kassen. Mit Austin, dem neuen Party-Rennen in Miami und ab 2023 den Auftritten auf dem Strip von Las Vegas etabliert die Formel 1 nach vielen gescheiterten Anläufen eine starke Präsenz in den USA.
Die Interessenten für einen Grand Prix stehen laut Domenicali Schlange. «Ich würde sagen, es gibt Potenzial, bis 30 zu gehen», sagte der 56-Jährige unlängst. Das sei «in Bezug auf das Interesse, das wir auf der ganzen Welt sehen», realistisch. Schon in diesem Jahr hatte sich die Formel 1 mit 23 WM-Läufen einen Rekordkalender vorgenommen. Wenn nächstes Jahr wie vereinbart China, Katar und Las Vegas wieder dazukommen, könnte diese Zahl weiter steigen.
Die Hatz über die Kontinente ist anstrengend
Im Grundlagenvertrag mit den Teams sind derzeit 24 Rennen als Obergrenze vereinbart. Auch wenn jeder weitere Grand Prix den Teams Millionen bringen würde, hält sich die Lust auf noch mehr Stress in Grenzen. Die Hatz über die Kontinente ist vor allem für Mechaniker und Boxencrews eine enorme Anstrengung. «Wir haben nicht mehr genug Zeit für unsere Familien», sagte Red-Bull-Pilot Sergio Perez. «Ich habe selbst zwei Kinder. Wenn der Kalender noch weiter wächst, werde ich nicht mehr in der Formel 1 bleiben», betonte der Mexikaner.
Und dann ist da die Sorge, das Rad zu überdrehen und die Exklusivität der Königsklasse dem Lockruf des Geldes zu opfern. «Mit 23 Rennen haben wir schon den Punkt der Sättigung erreicht», mahnte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. In Miami allerdings wirkte es in diesen Tagen so, als könne das Publikum gerade gar nicht genug von dieser Formel 1 bekommen.