Als Toni Mang seinen fünften Titel in der Motorrad-Weltmeisterschaft bejubelte, war Moto3-Teamchef Florian Prüstel noch gar nicht auf der Welt. Inzwischen sind Siege und Podestplätze für deutsche Fahrer außer Reichweite, die großen Erfolge längst vorbei.
Dass sich daran an diesem Wochenende beim Rennen auf dem Sachsenring etwas ändert, ist kaum zu erwarten. Denn mit Lukas Tulovic gehört 36 Jahre nach Mangs Titel und elf Jahre nach dem bislang letzten deutschen WM-Triumph durch Sandro Cortese nur noch ein deutscher Stammpilot zum Fahrerfeld. Aktuell kann er aber nicht die Spitze in der Moto2-Serie angreifen.
Das in unmittelbarer Nähe zur Rennstrecke beheimatete PrüstelGP-Team setzt in der Moto3-Klasse auf den Spanier Xavier Artigas und Joel Kelso aus Australien. Seit 2020, als Dirk Geiger ein Rennen für den Rennstall bestritt, hat Prüstel keinen anderen deutschen Piloten für sein Team nominiert – trotz großer Bemühungen.
In der Breite Unterschied zu Spanien
«Wir haben in den Jahren 2020 und 2021 eine Akademie geführt. Aber als Team ist das ohne die Unterstützung der Verbände DMSB und ADAC nur schwer zu stemmen. In der Breite ist das einfach ein großer Unterschied im Vergleich zur Situation in Spanien», sagt der 34-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.
Allein in der Königsklasse kommen zehn Piloten aus Spanien, ein halbes Dutzend Fahrer besitzt die italienische Staatsbürgerschaft. «Das liegt daran, dass der Rennsport in Deutschland nicht als so nachhaltig angesehen wird oder es immer wieder Beschwerden von Anwohnern in der Nähe der Strecken gibt wegen des Lärms – das gestaltet sich dann schwierig», sagt Prüstel. Hinzu komme der finanzielle Faktor. «Es ist so, dass es in jedem Ort einen Fußballplatz gibt, aber eben nicht in jedem Ort eine Rennstrecke.»
Der ADAC, der als Mitorganisator des Deutschland-Rennens auftritt, arbeitet an Lösungen. «Durch Moto3-Teamchef Peter Öttl haben wir ein direktes Ohr in die WM-Szene und kennen die Bedürfnisse der dortigen Teams. Zu dem Thema Nachwuchsförderung stehen wir auch im ständigen Austausch mit dem WM-Promoter Dorna und auch mit verschiedenen Motorradherstellern», reagiert ADAC-Motorsportchef Thomas Voss auf die Kritik.
Die Förderung trägt derzeit noch keine Früchte, es fehlt an deutschen Top-Piloten. Tulovic, der aus der Nachwuchsförderung des Verkehrsclubs ADAC kommt, liegt vor dem Heimrennen auf dem 21. Platz im Gesamtklassement und schied in Italien aus. «Wenn er erfolgreich ist, spornt das auch den Nachwuchs an», hatte ADAC-Sportpräsident Gerd Ennser vor dem Saisonstart gesagt.
Über 90.000 Tickets schon weg
Den Fans scheint es derweil nicht so wichtig zu sein, ob ein deutscher Fahrer um Siege mitfährt. Nach der Rekord-Veranstaltung im Vorjahr, als 232.000 Besucher das Grand-Prix-Wochenende zur größten Einzelsportveranstaltung Deutschlands machten, wurden bislang mehr als 90.000 Tickets abgesetzt. «Damit sind wir zufrieden», sagt Voss.
Als Profiteur des Events gilt auch die Tourismus-Branche. «Der Sachsenring ist nicht nur eine Attraktion, er erweist sich als einmaliger Wirtschaftsfaktor für die gesamte Region», sagt der Präsident des Landestourismusverbandes, Jörg Markert (CDU). In Zahlen lasse sich das zwar nicht bemessen. «Aber die Veranstaltung bringt uns begeisterte Besucher nach Sachsen, sorgt für ausgebuchte Unterkünfte und für den wichtigen Umsatz bei allen Akteuren in der Region.»
Auch die Pension von Florian Prüstels Mutter ist längst ausgebucht. In der Vergangenheit half er dort oder an der Strecke bei der Anmeldung der Fahrer mit. Mit seinem Vater saß er oft auf der Tribüne. «Der Motorradrennsport ist schon sehr lange eine große Leidenschaft von mir», sagt Prüstel. «Dieser Grand Prix ist für uns als Team sehr bedeutsam. Die ganze Welt blickt auf den Sachsenring und deswegen ist es ein absolutes Highlight. Für uns bedeutet der Sachsenring Heimat.»